Die Gemeinde Rastede hat verfügt, dass der Campingplatz Hahn-Lehmden bis zum 30. April geräumt sein muss. Für die Betroffenen ist das ein finsteres Szenario. Aufgeben wollen sie aber nicht.
Von Britta Lübbers
Es ist eine zornige, aber auch entschiedene Runde, die sich unter dem Dach des ehemaligen Campingplatz-Bistros zum Gespräch eingefunden hat. Dort, wo in der letzten Saison noch Cola und Kaffee getrunken wurden, bläst jetzt der Wind durch die Planen. „Viele von uns haben auf diesem Platz ihre zweite Heimat gefunden, haben Geld und Zeit investiert im Glauben, dass sie hier eine Perspektive haben“, sagt eine Frau, und es klingt bitter. Denn eine Perspektive zeichnet sich derzeit nicht ab. Im März hatte die Gemeinde Rastede den Vertrag mit Pächter Mario Rosenberg gekündigt und verfügt, dass er das Gelände rund um das Naturbad Hahn bis Ende April räumen muss (wir berichteten). Rosenberg ist seitdem weitgehend abgetaucht, die Camper hat er nicht informiert, ja, er hat ihnen nicht einmal gekündigt. Die Gemeinde vertritt den Standpunkt, dass es Rosenbergs Sache sei, sich zu kümmern. Er bedaure die Situation, hatte Bürgermeister Lars Krause auf der jüngsten Bauausschuss-Sitzung erklärt. Doch für die Lage der Camper sei die Verwaltung nicht zuständig.
Die Betroffenen kritisieren diese Haltung scharf. „Warum hat man uns nicht eher in Kenntnis gesetzt? Es ist vollkommen unmöglich, in dieser kurzen Zeitspanne einen Stellplatz zu finden“, macht ein Mann seinem Ärger Luft. Einer von ihnen habe es versucht und habe in einem Umkreis von 200 Kilometern tatsächlich eine einzige freie Stellfläche gefunden. „Das war in Schortens, und als er da ankam, war die auch schon wieder weg.“
Solidarität aus dem Ort
Ist es überhaupt rechtens, dass sie den Campingplatz verlassen müssen, obwohl sie keine Kündigung erhalten haben?, fragen sich die Camper. Und da keine Kündigungen ausgesprochen wurden, wüssten manche von außerhalb bis heute nichts von ihrem Los, berichten sie. „Die kommen hier vielleicht im Sommer an, und dann ist da nichts mehr.“ Ein Unding sei das, meint die Gruppe. Das ganze Vorgehen sei beispiellos. „Wieso sollen wir überhaupt weg? Ein Pächterwechsel ist doch nichts Unübliches. Da muss doch nicht der gesamte Platz geräumt werden und die Menschen gleich mit“, fasst eine Frau den Unmut zusammen. Auch den Verweis darauf, dass Dauercampen nicht erlaubt sei, lässt sie nicht gelten. Tatsächlich ist Dauercampen in Deutschland grundsätzlich nicht verboten. Näheres regeln die Bundesländer und die Betreiber. In Hahn jedenfalls wurde es geduldet.
Einige der Camper sind seit fast 40 Jahren hier. Ihre Wohnwagen und Mobilheime ließen sich nicht einfach so abtransportieren, weiß einer der Alteingesessenen. Dazu brauche es spezielle Transportunternehmen und entsprechende Genehmigungen. Es könne Monate dauern, so etwas zu organisieren. Rund 30.000 Euro habe er in sein Mobilheim investiert. „Wohin soll ich nun damit?“, fragt er ratlos.
Und noch ein Aspekt ist der Runde wichtig: „Wir kümmern uns um den Platz. Die Müllabfuhr wurde eingestellt, also entsorgen wir den Müll auf eigene Kosten. Wir fahren das Laub weg und sorgen, soweit dies möglich ist, für ein insgesamt ordentliches Bild des Platzes.“ Die Frauen und Männer erwähnen auch, dass sie großen Zuspruch aus dem Ort erhalten. „Viele Dorfbewohner sind mit uns solidarisch.“ Aus Sympathie und vielleicht auch, weil die Camper ein Wirtschaftsfaktor sind. Sie versorgen sich im Dorf und bringen Geld in die Kasse.
Dass die Gemeinde jegliche Verantwortung für ihre Zukunft von sich weise, ist für die Gruppe nicht nachvollziehbar. Neulich sei ein Mitarbeiter der Verwaltung da gewesen und habe die Kennzeichen der Fahrzeuge zur Halter-Feststellung fotografiert, erzählen sie. Er habe bestätigt, dass zum 1. Mai Strom und Wasser abgestellt würden. Wer dann noch auf dem Platz sei, werde zwangsgeräumt. „Das ist unmenschlich“, findet die Runde. Es ist ihnen unverständlich, warum die Gemeinde nicht schon vor geraumer Zeit das Gespräch mit ihnen gesucht hat. Warum jetzt alles so schnell gehen soll. Warum sie überhaupt weichen müssen.
Das sagt die Gemeinde
„Die Gemeinde Rastede hat über die Medien und verschiedene Aushänge mehrfach darauf hingewiesen, dass der Pachtvertrag mit dem Pächter des Naturbads Hahn mit angrenzendem Campingplatz zum 30.04.2024 gekündigt wurde und das Gelände bis zu diesem Zeitpunkt geräumt werden muss, sodass dringend empfohlen wird, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Sollte dieser Aufforderung nicht nachgekommen werden, wird die Gemeinde gezwungen sein, weitergehende Schritte einzuleiten, um nicht in vertragliche Verpflichtungen mit Dritten einzutreten“, teilt die Gemeinde auf Anfrage unserer Zeitung in einer Stellungnahme mit.
Aufgeben wollen die Camper indes nicht. „Wir wünschen uns, dass die Gemeinde den Campingplatz erhält und einen neuen Pächter für das Gelände sucht. Unsere Parzellen sollen ebenfalls erhalten bleiben“, lautet das Fazit des Gesprächs. Sie wären auch bereit, das Areal in Eigenregie zu verwalten, z.B. über Gründung eines Vereins. „Aber ganz klar muss die Grundversorgung mit Strom und Wasser gewährleistet sein und darf nicht in 14 Tagen eingestellt werden.“ Immerhin, so die Camper, haben sie ja bereits für die Sommersaison bezahlt.
Sie werden nicht in zwei Wochen gegangen sein, das wird deutlich. Wohin denn auch? „Wir harren aus und hoffen“, bringt eine Frau die Stimmung auf den Punkt.
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