Bei der Podiumsdiskussion der „Zukunftsbürger“ am Freitagabend stellten sich Rüdiger Kramer (SPD) und Jan Hoffmann (Grüne) den rund 70 anwesenden Bürgerinnen und Bürgern. Drei Stunden lang wurde hier um das Thema Bürgerbeteiligung in Rastede heftig gestritten.
Von Kathrin Janout
„Machen Sie mit! Werden Sie aktiv! Seien Sie dabei!“: Ulrich Fortmann, Projektleiter im Amt für Stadtentwicklung Oldenburg, sprach in seinem Impulsvortrag zu Beginn der Veranstaltung über „Beispiele von Bürgerbeteiligung in Oldenburg“ – und diese Aufforderungen tauchten dabei immer wieder auf. Es war von Innovationscamps die Rede, von Umfragen und Workshops. Es lohne sich, die Bürger an Entscheidungsprozessen zu beteiligen, betonte Fortmann. „Das ist ein gewisser Frieden, den man damit erreicht.“
Von Frieden konnte bei der Podiumsdiskussion am Freitagabend im evangelischen Gemeindehaus allerdings nicht die Rede sein. Vielmehr von Empörung und Misstrauen. Die parteiunabhängige Gruppe „Rasteder Zukunftsbürger“ hatte eingeladen, um über das Thema „Bürgerbeteiligung in Rastede“ zu sprechen. Dabei saßen Jan Hoffmann für die Mehrheitsgruppe aus CDU und Grünen im Gemeinderat, SPD-Fraktionschef Rüdiger Kramer als Vertreter von SPD und UWG und Udo Frigger, Sprecher der „Zukunftsbürger“, rund 70 Bürgerinnen und Bürgern gegenüber. Die Moderation übernahm Dorothee Schubert. Sie versuchte anfangs den Abend in drei große Abschnitte einzuteilen. Man wolle dadurch einen Dialog erreichen, sagte sie, und weniger eine Diskussion. Das war jedoch leichter gesagt als getan. Spätestens bei der Frage nach den Erfahrungen mit Bürgerbeteiligung in Rastede und wie man sich als Bürger damit fühle, kochten die Emotionen hoch.
Man erfahre von fertigen Entscheidungen nur noch aus der Zeitung, beklagten sich die Anwesenden. „Wo werden diese Entscheidungen eigentlich getroffen?“, fragte ein Bürger misstrauisch. Normalerweise müsse doch die Politik die Verwaltung führen, fügte Uddo Frigger hinzu. „Aber wer führt hier wen?“ Bei all den Entscheidungen sei kein Gesamtkonzept für die Zukunft der Gemeinde zu erkennen, betonten andere. Es gebe keinen roten Faden. „Rastede war mal ein Luftkurort, dann Residenzort. Doch was ist mittlerweile daraus geworden? Wohin geht Rastede eigentlich?“, fragte eine Bürgerin. Man sollte doch denken, ein Gemeinderat habe ein Konzept für die Zukunft, klagte ein anderer. „Das erwarte ich!“ Man wolle endlich gemeinsam entwickeln. Nicht darüber informiert werden, was längst feststehe. Das sah auch Rüdiger Kramer ein: „Das Beispiel von Oldenburg hat mir sehr gut gefallen“, sagte er, „eine Bauleitplanung mit einer Infoveranstaltung zu beginnen“. Kramer erinnerte zudem an den Prozess des Kommunalmarketings, bei dem vor rund 20 Jahren ein umfassendes Konzept für die Gemeinde entworfen wurde. „Das müsste man wieder aufgreifen“, regte er an. 2011 seien außerdem die Bürgerversammlungen abgeschafft worden. „Das war ein Fehler“, so Kramer. Diese würden aber bereits im April in anderer Form wieder aufgegriffen.
Auch die im Publikum anwesenden Vertreter von Grünen, SPD und UWG betonten, dass sie sich mehr Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern wünschten. „Wir lechzen danach, dass mal jemand zu unseren Treffen kommt“, meldete sich Sabine Eyting (Grüne) zu Wort und Dirk Bakenhus (UWG) schloss sich ihrer Aussage an. Zu einer Parteiveranstaltung wolle man aber nicht gehen, konterten die Bürgerinnen und Bürger sofort. „Kommt doch, wir sind da“, hieße es von Seiten der Politik immer, „aber umgekehrt muss es sein“, forderte Udo Frigger. Als erstes müsse man die Einwohnerfragestunden in der bisherigen Form abschaffen. „Sie sind entwürdigend“, sagte er. Vorschläge der Bürger seien in Rastede gar nicht erwünscht, so die einhellige Meinung der Anwesenden. Dabei könnten Rat und Verwaltung die Anregungen doch als Bereicherung sehen. In Rastede werden alle Ideen, die nicht dem entsprechen, was bereits auf dem Tisch liege, einfach weggewischt, hieß es.
Es waren viele Beschwerden, die Hoffmann und Kramer an diesem Abend über sich ergehen lassen mussten. Mehrere Versuche, die Beteiligten um einen respektvollen Dialog zu bitten, schlugen fehl. Die Enttäuschung der Bürgerinnen und Bürger saß offensichtlich zu tief. „Man kann die Politik nicht über einen Kamm scheren“, betonte Kramer gegen Ende ein wenig erschöpft. „Ich habe das Gefühl, hier hätte eigentlich jemand anderes sitzen müssen.“ Ja, es seien andere, auf denen man die ganze Zeit herumprügele, erwiderte ein aufgebrachter Bürger. „Aber wo ist sie denn, die CDU?“
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