Unter dem Motto „Demokratie feiern“ nahmen heute Nachmittag mehrere hundert Menschen an einer Kundgebung mit anschließender Demonstration in Rastede teil. Ein breites Bündnis zeigte Flagge gegen Extremismus und für eine solidarische Gesellschaft.
Von Britta Lübbers
Das Rasteder Bündnis „Demokratie stärken“ (dazu zählen u.a. Fridays for Future, W.I.M., die KGS, die Ratsparteien, der Nabu und die Firma Nowe Druck) hatte zur Veranstaltung aufgerufen und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger nahmen teil. Schnell füllte sich der Platz vor dem Rathaus, wo eine kleine Bühne eingerichtet war. „Wir sind die Brandmauer“, „Omas gegen Rechts“ und „Nazis essen Falafel heimlich“ war auf selbstgemachten Plakaten zu lesen. Alle Generationen waren vertreten, einige Teilnehmer hatten weite Wege auf sich genommen. So wie Pia Schröer aus dem ostfriesischen Moormerland. „Es ist mir wichtig, für Demokratie einzustehen“, sagte sie. „Ich habe zwei Kinder und ich möchte, dass sie in einer demokratischen Gesellschaft aufwachsen.“ Und Sohn Bosse erklärte bündig: „Nazis sind scheiße.“
Flammende Plädoyers
„Herzlich willkommen zur Party an alle Rasteder und an die Menschen aus Edewecht, Oldenburg und Bad Zwischenahn“, begrüßte Moderator Andreas Daries die Menge. Zur Einstimmung sangen Carsten Mönnich und Maria Borchers den Del Amitri-Klassiker „Nothing ever happens“, der eine gleichgültige und erstarrte Gesellschaft beschreibt. Gleichgültig und erstarrt war an diesem Nachmittag niemand vor dem Rathaus. Die Menschen sangen und wippten mit, und die Rednerinnen und Redner hielten ausnahmslos flammende Plädoyers für Vielfalt und gegen Rechtsradikalität.
Geli Wald von der Gruppe W.I.M. („Weniger.ist.mehr.“) erinnerte an den 75. Geburtstag des Grundgesetzes in diesem Jahr. „Das Grundgesetz ist eine super Basis zum Leben“, erklärte sie und erzählte ein Stück ihrer Familiengeschichte, die beispielhaft für die deutsche Historie stehen kann. In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs wurde ihr Vater als 15-Jähriger eingezogen, einer ihrer Großväter kam nicht aus dem Krieg zurück, der andere kehrte erst in den 1950er Jahren aus russischer Gefangenschaft heim. „Ich wusste von Anfang an, wogegen ich bin – gegen das verdammte Nazi-Unheil“, so Wald. „Seid wachsam, lasst euch nicht ausgrenzen, gestaltet diesen demokratischen Staat mit“, lautete ihr Appell.
„Es geht um alles“
Stefan Meester von Fridays for Future machte deutlich, dass Nazis und Rechtsextreme ihre Demokratiefeindlichkeit gerne mit dem Leugnen der Klimakrise verbinden. „Sie denken das alles zusammen, deshalb müssen auch wir alles zusammendenken. Demokratie braucht Klimaschutz, und Klimaschutz braucht Demokratie.“ Nichts sei in Stein gemeißelt, auch die Wahlprognosen für die AfD nicht, fügte er hinzu. Die habe laut Umfragen seit den deutschlandweiten Protesten gegen Rechts rund fünf Prozent an Zustimmung verloren. „Das sind drei Millionen Bürgerinnen und Bürger, denen wir die Hand geben, wenn sie zurückkommen wollen.“
Auch Silke Lorenz vom Nabu thematisierte die Verbindung von Ökologie und Rechtsstaatlichkeit. „Wer Naturschutz will, muss demokratisch wählen“, betonte sie.
Fynn Ole Bruns entwarf eine düstere Dystopie: In zehn Jahren werde Deutschland von Nazis regiert, Millionen Migranten würden abgeschoben und Grundrechte einkassiert. „Deutschland tritt aus der EU aus, die Arbeitslosigkeit steigt, die Kriminalität nimmt rasant zu.“ Doch es gebe einen Weg, dieses Szenario zu verhindern, erklärte Bruns, und dieser Weg beginne jetzt und hier. „Engagiert euch, werdet Mitglied eines Verbands oder einer Partei, um die Demokratie zu gestalten. Denn es geht um alles.“
„Wir müssen reden“
KGS-Schülersprecher Elias Anisimov zitierte aktuelle Erhebungen, nach denen rund ein Drittel der Jugendlichen in Deutschland die Demokratie verachte. „Wie kann das sein? Es gibt keine logische Erklärung dafür“, sagte er. „Wir müssen Schule neu denken“, so seine Forderung, „denn wenn die Schulen scheitern, dann scheitert auch die Demokratie.“ Zugleich lobte er die Kommune Rastede für ihr Engagement und nannte als Beispiel die Unterstützung des Jugendprojekts SARA (Solidarität-Anerkennung-Respekt). Abschließend stellte er als symbolische Geste einen Stuhl vor die Rathaustreppe. Seine Einladung: „Setze dich an meinen Tisch, egal, welche Nationalität, welches Geschlecht, welche sexuelle Orientierung du hast. Wir müssen reden.“
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