Spielerisch und fast streng, farbig und schwarzweiß: Die Tuschemalerei von Ingrid Freihold und die Holzschnitte von Ida Oelke ergänzen sich hervorragend. Der kreative Dialog der beiden Künstlerinnen wurde gestern im Palais Rastede eröffnet und ist noch bis zum 30. Oktober zu sehen.
Von Britta Lübbers
„Fashion“ heißt ein in Beige- und Grüntönen gehaltener Farbholzschnitt von Ida Oelke. Ihre Menschen wirken retro, Frisuren und Kleider lassen an die Mode der 1920er Jahre denken. Eine kühle Eleganz geht von dem Bild aus – und diese Atmosphäre wiederum erinnert an eine aktuelle Fashion-Week in Mailand oder Madrid. An der Wand gegenüber ist die Tuschezeichnung „Immer zwei“ von Ingrid Freihold ausgestellt. Auf einer schwarzen Welle surfen zwei knallrote Strichfiguren. Ihre Bewegungen sind anmutig, fließend. Geht das zusammen? Die Präzision des Holzschnitts und das Verspielte der Tuschemalerei? Ja, bei Ida Oelke und Ingrid Freihold passt es hervorragend. Die beiden Frauen aus Ostfriesland haben sich über ihre Kunst kennengelernt. Auch privat stimme die Chemie, sagen sie und stellen jetzt immer häufiger gemeinsam aus. Ihr Dialog ist aufregend und stimmig, fast könnte man meinen, sie teilten sich ein Atelier. Aber jede arbeitet in ihrem eigenen Kosmos. Ihre Kunst funktioniert natürlich auch für sich, in der Gemeinsamkeit erhält sie jedoch eine zusätzliche Dynamik.
„Dies ist eine unglaublich spannungsgeladene Präsentation“, sagte auch der Vorsitzende des Kunst- und Kulturkreises Rastede (KKR), Siegfried Chmielewski, anlässlich der Eröffnung der vom KKR organisierten Schau. Ausdrücklich dankte er Annette Jungclaus und ihrem Arbeitskreis, ohne deren Einsatz die Ausstellung nicht hätte realisiert werden können.
„Die Bilder von Ida Oelke und Ingrid Freihold sind Kopfkino, sie erzählen Geschichten“, befand die Kunsthistorikerin Viola Tallowitz-Scharf von der Kunstschule Papenburg in ihrer Einführung. „Aber wie erzielen sie eine solche Wirkung?“ Die Fachfrau gab die Antwort, indem sie die Arbeitsweise der zwei schilderte.
Ingrid Freihold spielt mit Linienführung und Farbe. Ihr Hauptwerkzeug ist der chinesische Malpinsel. Sie legt den tuschegetränkten Pinsel quer an und dreht ihn in einem Schwung. Wie sich die Farbe dann auf dem Papier verteilt, das kann sie nur bedingt beeinflussen. Anders ist es bei ihren Figuren. Die zeichnet sie mit einer Rohrfeder und roter Tusche. Und ja, wer hinsieht, der sieht Geschichten.
Ida Oelke wiederum nutzt Schnitzmesser und Hohleisen, Druckstock und Farbe, aber auch Tapetenreste und Notenblätter. Jeder ihrer Holzschnitte sei ein Unikat, unterstrich Viola Tallowitz-Scharf. Jeder weiche ein wenig vom anderen ab. Wie genau, das stelle sich erst am Ende des Verfahrens heraus. „Beide Künstlerinnen lassen sich überraschen“, fasste die Kunsthistorikerin zusammen.
Manche der gezeigten Motive wirkten zeitlos, andere wie ein Mix aus Vergangenheit und Gegenwart. Ob Mode oder Konsum, Zeitverlust oder Zeit zum Innehalten: Viola Tallowitz-Scharf entdeckte viele Themen in den ausgestellten Werken. Ob ihr Eindruck immer stimmt? „Wer weiß“, gab sie zu bedenken. „Schließlich sind alle Bilder frei interpretierbar.“ In einem war sie sich aber sicher: „Für beide Künstlerinnen ist die Kunst ein Muss.“
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