„Macht die Fahrradläden auf!“, fordert die Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft in einem Brandbrief an die Bundesminister Altmaier und Spahn. Der Rasteder Fachhändler Horst Stückemann kann den Unmut verstehen und mahnt zugleich zur Besonnenheit.
Von Britta Lübbers
Die Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft (ZEG) mit Sitz in Köln hat rund 1000 Mitgliedsunternehmen und ist Europas größter Zusammenschluss von Fahrradhändlern. Die Zweiradprofis haben jetzt einen Brandbrief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Gesundheitsminister Jens Spahn adressiert. Darin fordern sie die Erlaubnis zur sofortigen Öffnung ihrer Geschäfte.
„Fahrräder und E-Bikes sind die idealen Verkehrsmittel, um sich in der Corona-Krise gesund, umweltfreundlich und geschützt zu bewegen“, erklärt der ZEG-Vorsitzende Georg Honkomp. „Gerade jetzt, da durch das anlaufende Impfen die Fallzahlen langsam sinken, wäre das sofortige Öffnen der Geschäfte mehr als eine begleitende Maßnahme.“ Honkomp weist auch auf die wirtschaftlichen Belastungen für die Branche hin, obwohl die uneingeschränkt kooperiere. Gleich zu Beginn der Corona-Pandemie habe der Handel mit Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen dazu beigetragen, die Gesundheit seiner Kundinnen und Kunden zu schützen. Viele Bürgerinnen und Bürger seien der Empfehlung von Politikern und Virologen gefolgt, zur Verhinderung von Ansteckungen mit dem Fahrrad statt mit dem ÖPNV zu fahren. Dass die Fahrradgeschäfte noch immer geschlossen sein müssten, erzeuge Unverständnis und Wut.
Auch Horst Stückemann, Inhaber von Zweirad Stückemann in Rastede, ist Mitglied der Einkaufsgenossenschaft. Er hat Verständnis für den Unmut der Kolleginnen und Kollegen, mahnt aber auch zur Besonnenheit. „Im Grundsatz ist die Forderung berechtigt“, sagt er und verweist wie die ZEG auf die ausgeklügelten Corona-Konzepte des Einzelhandels. „Unsere Hygienemaßnahmen haben sich bewährt. Nicht nur die Fahrradhändler, der Einzelhandel insgesamt hat konstruktiv und angemessen auf die Situation reagiert.“ Daher sei der Ärger in der Branche nachvollziehbar. Zugleich sieht Stückemann aber auch, dass die Politik derzeit eine sehr hohe Verantwortung zu schultern habe und Lockerungen gut vertretbar sein müssten. „Andererseits fragt man sich schon, wie lange das so noch gehen soll. Viele Einzelhändler müssen aufgeben, viele ächzen unter einer nie gekannten Schuldenlast.“ Die Fahrradhändler, so meint er, seien im Vergleich sogar relativ gut dran. Die Werkstätten dürfen geöffnet haben, ein kontaktloser Verkauf von Rädern ist erlaubt. Diese Möglichkeit bietet auch Stückemann. Die Kundinnen und Kunden suchen sich online ein Fahrrad oder E-Bike aus, bestellen es im Netz oder am Telefon und können draußen eine Probefahrt machen – „natürlich tragen wir einen Mund-Nase-Schutz und halten den Sicherheitsabstand ein“, so der Zweiradhändler.
Und dennoch: Auch sein Fachgeschäft verzeichnet Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent. Nach der Beendigung des ersten Lockdowns im Sommer habe er aber einiges an Verlusten ausgleichen können. Das erhofft er sich auch jetzt, zumal der Fahrradtourismus stetig an Beliebtheit gewinnt.
Diesen Artikel drucken