Die sehenswerte Trash-Komödie „Tour de Farce“ hatte gestern Premiere im Theater Orlando. Sylvia Meining und Ulf Goerges glänzten in unterschiedlichen Rollen.
Von Britta Lübbers
Dieses Stück hat alles: Action, Wortwitz und skurrile Wendungen. Dieses Stück macht einfach Spaß, und das nicht nur den Zuschauern. In ein, zwei Szenen hatten die beiden sehr gut aufgelegten Schauspieler ein bisschen Mühe, nicht selbst mitzulachen. Ansonsten war von Mühe keine Spur. Die flotte Komödie der US-Autoren Philip LaZebnik und Kingsley Day kommt so federleicht daher, dass man als Zuschauer vergisst, was für ein Tempo sie den Darstellern abverlangt. In fliegendem Wechsel verwandelten sich Meining und Goerges hinter unterschiedlichen Türen in Pagen, Zimmermädchen und Politiker. Neue Perücke, neues Kleid, andere Stimme, andere Körperhaltung: Teils in Sekundenschnelle streiften sie die eine Rolle ab und schlüpften in die nächste. Es wurde geschimpft, geküsst, gekreischt und sogar geboxt.
Im Mittelpunkt der turbulenten Handlung steht das Ehepaar Herb und Rebecca Gladney. Er ist erfolgreicher Ratgeber-Autor („Ehe währt für immer“), sie seine desillusionierte Gattin. Die beiden checken in ein Hotelzimmer ein, dessen Nebensuite von Rebeccas Ex-Lover, dem korrupten Senator Grant Ryan, und seiner Geliebten, der tollpatschig-rührenden Gwenda bezogen wird, die auf die Frage nach ihrer Haarfarbe erklärt: „Ich bin schon so lange blond, dass ich es vergessen habe.“ Richtig Drive bekommt die Handlung, als die abgebrühte Skandalreporterin Pam Blair auftaucht und ihren schwedischen Kameramann mit einem klaren Auftrag im Kleiderschrank versteckt: „Wir müssen ihn ablichten, wenn er seine Tussy schrubbt.“ Ulf Goerges gibt Gunnar mit kalter Leidenschaft und lässt ihn im typischen Singsang eines Skandinaviers über die miesen Drehbedingungen im Schrank klagen: „Hier drinnen riecht es nach Tod. Ach nein, das ist dein Kleid.“ Doch damit nicht genug. Auch ein plattdeutsch parlierendes Zimmermädchen, ein mit Kastratenstimme geschlagener Page und die gehörnte Senatorengattin komplettieren das irre Panoptikum. Szenenapplaus aber gab es für die singende Nonne: „Ehe währt für immer, was der Herr gezimmert, trennen Menschen nimmer.“ Ein großartiger und großartig präsentierter Theaterabend, der durch den schmutzigen Wahlkampf in den USA sogar einen finsteren Subtext erhält. Wenn der ehebrechende Senator Ryan sich von Gwenda züchtigen lässt und dabei laut winselnd die Familie als Basis nationaler Werte beschwört, und wenn Skandalreporterin Blair nur daran interessiert ist, Prominente zu vernichten, dann ist dies ein exaktes Abbild US-amerikanischer Realität.
Großes Lob verdient neben den Darstellern erneut das gesamte Orlando-Team. Lob auch für die Begleitausstellung der Oldenburger Künstlerin Gabriele Böger, die ihre, während der Proben entstandenen Illustrationen, im Palais-Obergeschoss zeigt.
Informationen und Aufführungstermine unter www.theater-orlando.de
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