Hamburger Theaterensemble bringt auf Einladung der AG für den Frieden das dokumentarische Stück „Sonnenblumenhaus“ auf die Bühne der Neuen Aula
Von Kathrin Janout
Rostock-Lichtenhagen, August 1992: Kurz nach der Wiedervereinigung kommt es zu Ausschreitungen gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZAst) und ein Wohnheim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter im sogenannten Sonnenblumenhaus. Hunderte rechtsextreme Randalierer attackieren die Gebäude unter dem Applaus von bis zu 3000 Zuschauern mit Steinen und Molotowcocktails. Es waren die massivsten rassistisch motivierten Angriffe der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Das Theaterstück „Sonnenblumenhaus“ dokumentiert diese fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Rostock und verarbeitet die Sicht der belagerten Menschen. Ein Jahr verbrachten die Regisseure Dan Thy Nguyen und Iraklis Panagiotopoulos mit der Recherche, gingen auf die Suche nach betroffenen Zeitzeugen und befragten sie nach ihrer Version der Geschichte, ihren Lebenserfahrungen und Träumen, um ihnen im Rahmen der Theaterperformance eine Stimme zu geben.
Bei vielen ist die Angst immer noch da. „Ein Großteil der in Deutschland verbliebenen vietnamesischen Überlebenden des Pogroms wollen gar nicht mehr darüber sprechen“, sagt Nguyen. Zu schlecht seien ihre Erfahrungen mit Presse und Öffentlichkeit. „Mich haben die Leute aber als zweite Generation vietnamesischer Deutscher erlebt“, deshalb seien sie zur Befragung bereit gewesen.
Aus diesen Interviews entstand schließlich das Theaterstück, das die Hamburger Theatergruppe heute morgen auf Einladung der AG für den Frieden auf die Bühne der Neuen Aula brachte. Die AG für den Frieden möchte damit auf das aktuelle Geschehen aufmerksam machen und spannt einen Bogen zur heutigen Flüchtlingssituation und der Vielzahl von Angriffen auf Personen und Unterkünfte. Die Zahl der Gewalttaten steige, sagten die AG-Mitglieder, und erinnerten gleichzeitig an die Ausschreitungen in Heidenau bei Dresden im August vergangenen Jahres, als Demonstranten die Unterbringung von Flüchtlingen verhindern wollten. „Solche Übergriffe gab es in den Neunzigern schon mal“ – auf das „Sonnenblumenhaus“ in Rostock-Lichtenhagen.
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