Rund 100 Gäste kamen gestern zur Veranstaltung „Solidarische Landwirtschaft“ in den Hof von Oldenburg. Die Referenten, selbst Landwirte, stellten Alternativen zu Wachstumsdruck und Höfe-Sterben vor.
Von Britta Lübbers
Eingeladen hatten die „Zukunftsbürger für Rastede“ in Kooperation mit Naturschutzverbänden und der Arbeitsloseninitiative ALSO aus Oldenburg. Drei Landwirte erläuterten aus eigener Praxis, wie bäuerliche Kleinbetriebe andere Wege gehen können.
Ottmar Ilchmann, Milchbauer aus Ostfriesland und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), kennt die Fallen, die im Wachstumszwang stecken. Ilchmann hat 60 Kühe und arbeitet rund um die Uhr. Seine Familie hilft in ihrer Freizeit mit, bezahlen kann er sie nicht. „Wir beuten uns selbst aus“, sagte er und nannte auch die Gründe für die Dauerkrise der kleinen und mittelständischen Höfe. „Die europäische Agrarpolitik ist auf den Weltmarkt ausgerichtet. Sie predigt die Globalisierung und Liberalisierung der Märkte und zielt auf Drittländer, weil im Inland die Bevölkerung nicht weiter wächst.“ Schlachtkonzerne und große Molkereien beförderten maximale Produktion und das daraus resultierende Preisdumping. „Viele kleinere Landwirte können hier nicht mehr mithalten.“ Zugleich werde z.B. die Landwirtschaft in Afrika gegen die Wand gefahren. Schlachtabfall, den hier keiner will, lande dort zu so billigen Preisen auf dem Teller, dass die heimischen Bauern nicht dagegen halten könnten. Hierzulande wiederum führe die Überproduktion zu Überdüngung und einem immer radikaleren Flächenverbrauch. „Auf die Dauer lässt sich dieses System nicht aufrecht erhalten“, folgerte Ilchmann. „Wir brauchen einen Perspektivwechsel, weg von der Masse hin zur Klasse. Das geht nur in bäuerlichen Kleinbetrieben und mit Unterstützung der Politik. “ Und nur mit einer Verteuerung von Lebensmitteln. „Da müssen wir die Verbraucher, die höhere Umweltstandards wollen, in die Pflicht nehmen“, betonte Ilchmann.
Dass sich Verbraucher gerne in diese Pflicht nehmen lassen, erlebt seit 27 Jahren Wolfgang Stränz von der Wirtschaftsgemeinschaft Buschberghof bei Hamburg. Er gehört zu den Pionieren der Solidarischen Landwirtschaft. Das Prinzip ist so simpel wie wirksam: Die Kunden beteiligen sich finanziell an der Produktion. Die Landwirte werden unabhängig von Quoten, sie produzieren nur so viel, wie auch tatsächlich nachgefragt wird. „Unser Maßstab ist die Qualität, nicht die Erntemenge“, erklärte Stränz. Die Vorteile liegen für ihn klar auf der Hand. „Der Bauer ist nicht mehr von Existenznot geplagt, die Kunden nehmen aktiv an der Landwirtschaft teil, es gibt eine größere Artenvielfalt, die Wertschöpfung bleibt in der Region.“ Sein Fazit: „Die Lebensmittel verlieren ihren Preis und bekommen ihren Wert zurück.“
Auch Dr. Tobias Hartkemeyer vom Hof Pente bei Osnabrück brennt für die Solidarische Landwirtschaft. Er beschrieb seinen Hof als einen mit allen Sinnen erfahrbaren Lernort. Als sein Sohn das erste Mal in den Kindergarten musste, sei er enttäuscht zurückgekehrt. Zu Hause sei das Leben aufregender und schöner, habe er bekundet. Seitdem gibt es auf dem Pente-Hof eine Kita „mit spannender Handlungspädagogik“. Auch ein Schulklassenprojekt hat Hartkemeyer initiiert. Es trägt den schönen Titel „Das pflügende Klassenzimmer“.
Im Anschluss an die Vorträge meldete sich Ilka Wäsche vom Ökumenischen Zentrum Oldenburg zu Wort, die als Besucherin zu Gast war. Sie ist Eine-Welt-Promoterin für Nordwestniedersachsen und berät Landwirte, die den konventionellen Weg verlassen möchten – „gerne auch in Rastede“, wie sie sagte. Informationen gibt es unter Tel. 0 44 1 / 24 89 52 4. E-Mail: waesche@oezo.de.
Horst Dormann, der das Treffen moderierte, ist der Ansprechpartner der Veranstalter. Die Kontaktadresse: Horst Dormann, Mühlenstraße 87, 26180 Rastede. E-Mail: solawi-rastede@ewetel.net.
Diesen Artikel drucken