Bei Bauarbeiten wurden Teile eines barocken Brunnens entdeckt. Das Prunkstück hatte vor rund 250 Jahren im heutigen Schlossgarten gestanden. Nun lässt die Sanierung der Oldenburger Straße auf weitere Funde hoffen.
Von Kathrin Janout
„Als ich hörte, dass einer der Steine über und über mit Fischschuppen bedeckt sei, wusste ich sofort, was es ist“, berichtet Margarethe Pauly freudig. Dieser Fund sei wie ein persönliches Geschenk für die Gemeindearchivarin. Bereits vor langer Zeit hatte sie gelesen, dass auf dem Gelände des heutigen Schlossgartens einst ein prächtiger Brunnen gestanden habe. Seitdem ließ sie der Gedanke daran nicht mehr los. Auf Reisen besichtigte und fotografierte Pauly vergleichbare Neptunbrunnen in diversen Städten. Salzburg, Trient, Danzig – und nun tauchten plötzlich Teile des rund 250 Jahre alten Rasteder Bauwerks auf.
Drei Teile des prächtigen Brunnens
Drei große, bildhauerisch bearbeitete Sandsteinstücke wurden bei Bauarbeiten auf dem Grundstück an der Ecke Oldenburger Straße/ Hirschtorweg in Südende gefunden. Seit Januar 2012 ließ Jochen Quathamer hier das ursprünglich 1840 errichtete Haus umbauen, in dem vor kurzem der Hofladen Hopkes und die Bäckerei Janssen eröffneten. „Es ist der Umsicht unseres Tiefbauers geschuldet, dass diese Steine nicht auf dem Müll gelandet sind“, sagt Quathamer.
Eines der Fundstücke zeigt einen nackten Oberkörper mit einer Hand. Oben sind lockige Haare zu erkennen, wahrscheinlich von einem Bart, und diagonal über den Rumpf zieht sich ein schmales Band, das unten ein Lendentuch hält. Ein weiterer, kürzerer Torso eines nackten Oberkörpers mit Halsansatz und einem Teil des linken Oberarms wurde außerdem gefunden, ebenso wie ein größeres Stück, das vollständig mit Fischschuppen bedeckt ist. „Alles deutet darauf hin, dass es sich um Teile des prächtigen Brunnens handelt, der sich im Garten des Landhauses von Johann Christian von Römer (1713 bis 1776) befand“, sagt Margarethe Pauly.
Neptun bekrönt Römerschen Brunnen
Als von Römer 1756 das ehemals klösterliche Anwesen in Rastede kaufte, befand sich hier noch Graf Anton Günthers „Lust- und Jagdschloss“. Von Römer ließ an dessen Stelle ein dreiflügeliges Landhaus errichten und einen barocken, streng symmetrischen Garten anlegen. In diesem Garten wurde der Brunnen das Prunkstück. Er befand sich östlich des Hauses im heutigen Schlossgarten. Über das Aussehen des Brunnens sei nur wenig bekannt, Zeichnungen gebe es keine, erklärt Pauly. Eine kurze Beschreibung liefert ein Gedicht von Ludwig Wilhelm Christian von Halem (1758 bis 1839). Darin heißt es: „… und rings ergossen/Sich Wasserstrahlen um Neptun,/Die Tritons Horn entflossen.“ Eine Inventarliste, die im Jahr 1777 nach von Römers Tod erstellt wurde, verrät zudem etwas mehr: Sandstein-Statuen in „coloßalischer Größe“ zierten die Fontäne, heißt es in den Aufzeichnungen. Der Meeresgott Neptun mit einem Dreizack in der einen Hand, zu beiden Seiten von einem Triton begleitet und vorne zwei Seepferde. „Tritonen sind Meeresgötter, die man sich aus einem menschlichen Oberkörper und einem Fischunterleib zusammengesetzt dachte“, fügt Margarethe Pauly erklärend hinzu. „Und bei den Seepferden handelt es sich nicht etwa um Seepferdchen, sondern um richtige Pferde, die aber einen Fisch-Hinterleib und statt der Vorderhufe Flossen haben“, weiß die Gemeindearchivarin.
Der nun entdeckte menschliche Torso des nackten Oberkörpers mit der Hand dürfte Teil des Neptuns gewesen sein, so die Vermutung. Das andere, kürzere Stück sei möglicherweise einem der Tritonen zuzuordnen. „Recht sicher ist, dass es sich bei dem mit Schuppen bedeckten Teil um ein Relikt des Fisch-Hinterleibs eines Seepferdes handelt“, so Pauly.
Verbleib der Fundstücke noch unklar
Doch wie sind die Reste des Römerschen Brunnens an ihren jetzigen Fundort gekommen? Man könne nur vermuten, dass mit dem Verkauf des Anwesens an Prinz Peter Friedrich Ludwig von Holstein-Gottorp im Jahr 1777 und dem damit verbundenen Umbau, der Abriss der Brunnens erfolgte, erklärt Margarethe Pauly. „Die symmetrische, barocke Anlage gefiel dem künftigen Herzog nicht mehr. Er ließ stattdessen einen natürlich wirkenden englischen Landschaftsgarten anlegen.“ Dazu passte der Neptunbrunnen nicht und wurde wohl außerhalb der Parkgrenze entsorgt, die zu der Zeit noch auf Höhe des heutigen Akademiehotels verlief.
Es sei nicht ausgeschlossen, dass weitere Teile des Brunnens in diesem Bereich gefunden werden könnten, bestätigt H. Kramer von der Denkmalschutzbehörde des Landkreises Ammerland. Besonders im Zusammenhang mit der Sanierung der Oldenburger Straße seien deshalb alle Beteiligten informiert worden. „In diesem Bereich muss vorsichtig gegraben werden“, so Kramer. Die drei Fundstücke werden zunächst eingelagert, bis eine Entscheidung über den weiteren Verbleib getroffen ist. Dass die Brunnenteile in Rastede ausgestellt werden, hält Kramer für wahrscheinlich, „vielleicht im Rahmen einer Dauerausstellung“.